Es war gerade Mitternacht, als Alexandre Morel, ein erfolgreicher Unternehmer, die schwere Tür seines Hauses öffnete. Das sonst so stille Haus vibrierte an diesem Abend von einem leisen Murmeln. Leises Atmen, ein leises Summen, der gleichmäßige Rhythmus zweier kleiner Herzen … Diese Geräusche zogen Alexandre ins Wohnzimmer.
Er runzelte die Stirn: Seine Zwillinge hätten oben schlafen sollen, unter der Aufsicht ihrer Nachtmutter.
Als er näher kam, erstarrte er.
Unter dem goldenen Licht einer Lampe schlief eine junge Frau in türkisfarbener Uniform tief und fest, ihr Kopf ruhte auf einem gefalteten Handtuch.
In ihren Armen lagen ihre beiden sechs Monate alten Söhne.
Und diese Frau … war nicht das Kindermädchen. Es war Camille , die Haushälterin.
Eine Szene, die alles verändert

Einen Moment lang spürte Alexander, wie Wut in ihm aufstieg. Was machte sie hier? Warum hielt sie ihre Kinder in den Armen?
Doch bei näherer Betrachtung beruhigte sich alles in ihm.
Einer der Zwillinge hielt Camilles Finger fest, als wollte er sie nicht einmal im Schlaf loslassen. Der andere, dessen Kopf auf ihrer Brust ruhte, atmete friedlich.
Und auf dem Gesicht der jungen Frau war eine immense Müdigkeit zu sehen – nicht die Müdigkeit der Faulheit, sondern die eines Menschen, der Tag für Tag alles gibt.
Alexander stand wie erstarrt da und konnte nicht sprechen.
Am nächsten Tag die Wahrheit

Am Morgen bat er Madame Dubois , die Haushälterin, ruhig um eine Erklärung :
„Warum hat die Putzfrau mit meinen Söhnen geschlafen?“
Madame Dubois zögerte, bevor sie antwortete:
„Die Nachtschwester wurde letzte Nacht krank. Camille hörte die Babys weinen. Sie nahm sie hoch, um sie zu beruhigen … und schlief wahrscheinlich vor Erschöpfung ein. Sie arbeitet oft bis spät, um die Schulkosten ihrer Tochter zu bezahlen.“
Alexandre schwieg. Zum ersten Mal sah er Camille nicht mehr nur als einen Namen auf einem Gehaltsscheck, sondern als Mutter – eine Frau, die allein darum kämpfte, ihrem Kind ein besseres Leben zu ermöglichen.
